(pd) Mit der Annahme der Motion Würth zur Flexibilisierung des Rodungsersatzes hat der Nationalrat soeben einen gefährlichen Systemwechsel beschlossen: weg von der 150-jährigen Schweizerischen Tradition des flächenmässigen Walderhalts hin zu dessen Dezimierung. Die Motion verlangt nämlich, dass bei einer Rodung von Wald nur noch die Hälfte wieder aufgeforstet werden muss. Dieser unnötige Systemwechsel gefährdet den Aargauer Wald. Pro Natura Aargau wird sich mit aller Kraft für den Erhalt des Aargauer Walds einsetzen.
Was ist entspannender als ein Spaziergang im nahen Wald? Doch der Wald leistet noch viel mehr, er ist ein wahres Multitalent. Der Aargauer Wald ist Lebensraum für fast die Hälfte aller in der Schweiz bekannten Pflanzen, Tiere und Pilze. Er liefert den nachwachsenden Rohstoff Holz, speichert Kohlenstoff, dient der Bevölkerung als Erholungsraum und schützt Menschen und Infrastrukturen vor Naturgefahren. Darüber hinaus fördern Wälder Grundwasser und Trinkwasserleistungen. Gerade angesichts des Klimawandels werden die Funktionen des Waldes immer wichtiger.
Gemäss der Motion des Mitte-Ständerats Benedikt Würth soll bei einer Waldrodung neu nur noch die Hälfte des verloren gegangenen Waldes ersetzt werden. Eine Mehrheit im Parlament hat dieser Vorlage vorerst zugestimmt. Dies würde sich verheerend auf die Waldflächen im Aargau auswirken. «Dieser Entscheid muss dringend korrigiert werden», schreibt Pro Natura Aargau in einer Medienmitteilung.
«Nach 150 Jahren erfolgreichem Einsatz für den Erhalt der Waldflächen, würde damit der Weg frei, im Aargau Waldflächen zu roden, ohne sie wieder ersetzen zu müssen», empört sich Matthias Betsche, Grossrat und Geschäftsführer von Pro Natura Aargau, und betont: «Dieser unnötige Systemwechsel gefährdet den Aargauer Wald. Es würde im Kanton Aargau zu einem signifikanten Rückgang der Waldflächen kommen».
Seit bald 150 Jahren dient das Schweizer Waldgesetz dem Grundsatz, den Wald in seiner Fläche zu erhalten. Nach einer Waldrodung muss daher die gleiche Fläche wieder aufgeforstet werden. Der Begriff Nachhaltigkeit kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft: Wer nur so viele Bäume fällt, wie nachwachsen können, sorgt dafür, dass der Wald für die künftige Nutzung zur Verfügung steht und auf Dauer seinen Wert behält.
Laut offiziellen Umfragen entspricht das auch eindeutig dem Wunsch der Schweizer Bevölkerung (78 Prozent spricht sich dafür aus). Mit der Annahme der Motion Würth «Für eine Flexibilisierung des Rodungsersatze» ist dieser Grundsatz geopfert worden.
Das Ganze komme zudem zur Unzeit: Der Wald stehe aktuell aufgrund von Klimawandel und Landnutzungskonkurrenz bereits stark unter Druck, wie der aktuelle Waldbericht 2025 des BAFU zeige. Im Mittelland und im Jura nimmt die Waldfläche ab.
Viele Mittellandkantone wie der Kanton Aargau haben um ihren Wald zudem bereits statische Waldgrenze gezogen. Hier kann der Wald planerisch nicht mehr wachsen, sondern nur noch abnehmen.
«Genau in diesen Kantonen ist aber mit den meisten Rodungen zu rechnen», erklärt Matthias Betsche. «Ohne Ersatz der gerodeten Waldflächen ist hier eine signifikante Ab-nahme der Waldfläche vorprogrammiert. Wenn aufgrund dieser Motion also inskünftig nur noch die Hälfte der gerodeten Fläche wieder aufgeforstet wird, dann wird dies langfristig zu einer Dezimierung der Aargauer Waldfläche führen. Ich rufe unsere Aargauer National -und Ständerate dazu auf, sich für den Aargauer Wald einzusetzen».
Um die wichtigen Funktionen des Waldes als Lebensraum, Erholungsort, Holzlieferant, Klima- und Niederschlagsregulator auch zukünftig zu gewährleisten, ist der Wald in seiner Fläche und Verteilung unbedingt zu erhalten.
Pro Natura Aargau wird sich dafür engagieren, dass zukünftige Generationen im gleichen Umfang von Waldleistungen profitieren können, wie es uns heute möglich ist.