(juso) Heute, 7. Juni, sprayten Jusos Tatortmarkierungen unter dem Aarauer Stadttor, um auf die grosse Zahl der verübten Feminizide hinzuweisen und auf den Feministischen Streiktag, den 14. Juni, zu mobilisieren. Sie verlangen von der Regierung endlich Massnahmen zu ergreifen, um Frauen und geschlechtliche Minderheiten vor geschlechtsspezifischer Gewalt und der erstarkenden Faschisierung zu schützen.
Am frühen Samstagmorgen trafen sich Aktivist*innen der Juso Aargau vor dem Stadttor in Aarau, um mit einer Aktion auf die Feminizide und deren steigende Zahl aufmerksam zu machen. Sie sprayten dazu nummerierte Tatortumrissee, um symbolisch die getöteten Frauen und Mädchen darzustellen. Auf kleinen Schildern standen ausserdem die Daten und Kantone der verübten Feminizide. Anschliessend hielten die Jusos noch ein Transparent mit der Aufschrift «Feminizide stoppen, Nazis kloppen!» hoch, um die Regierung auf ihre Verantwortung und die Problematik des sexistischen Backlashes, welcher durch den weltweit erstarkenden Faschismus gestärkt wird, hinzuweisen.
Feminizide bezeichnen Tötungsdelikte aufgrund des gelesenen Geschlechts der Opfer, meist als Folge von patriarchalen Strukturen und resultierender misogyner Gewalt. Dazu zählen unter anderem häusliche Gewalt, Gewalt an FLINTA-Personen und sexualisierte Gewalt. Dieses Jahr wurden in der Schweiz bisher 15 Feminizide und 6 versuchte Feminizide gemeldet. Im Vergleich: letztes Jahr gab es im selben Zeitrahmen 8 Feminizide.
Feminizide seien leider nur die Spitze des Eisbergs patriarchaler Gewalt, so die Juso in ihrer Medienmitteilung. Die Zahl der gemeldeten Vergewaltigungen sei im Vergleich zum Vorjahr um 30% gestiegen, die der schweren Körperverletzugen in den letzten 5 Jahren um ganze 60%. Der Hass gegen Frauen und insbesondere queere Personen nehme zu, die Frauenhäuser seien überfüllt. Der EGMR habe erst jüngst geurteilt, dass die Schweiz nicht genug für den Schutz von Frauen, welche von (ex-)partnerschaftlicher Gewalt betroffen seien, tue.
Sophie Heinimann, Vorstandsmitglied der JUSO Aargau, kreidet die Tatenlosigkeit angesichts der Häufung von Feminiziden an: «Wie lange müssen wir noch warten? Wir FLINTAs werden umgebracht und die Politik schaut zu – die Schweiz und insbesondere der Aargau interessieren sich zu wenig für unseren Schutz!»
Feminizide seien die Spitze der patriarchalen Gewaltpyramide. Diese misogyne Gewalt beginne aber schon bei Rolands Witzen, Peters Starren oder der gesellschaftlichen Abwertung von Sorge-Arbeit. Solange ökonomische und gesellschaftliche Gleichstellung noch nicht erreicht sei, werde es auch weiterhin Gewalt gegen Frauen und geschlechtliche Minderheiten geben. Diese Morde an Frauen und Mädchen seien keine Einzelfälle, sie hätten System. Ihre Abwertung sei in unserer Gesellschaft fest verankert und habe seit Jahrhunderten Tradition – und auch wenn einige Erfolge gefeiert werden konnten, so seien der sexistische Backlash und weltweit erstarkende, faschistische Bewegungen grosse Gefahren. Bereits jetzt würden, so die Juso, errungene Rechte gekippt, die Zukunft sehe düster aus.
«Die Faschisierung der globalen Politik ist im vollen Gange – das ist nicht nur eine Gefahr für eine bürgerliche Demokratie, sondern auch für Frauen, Migrant*innen, queere Personen und behinderte Menschen. Wir müssen uns wehren!», äussert sich Meli Del Fabro, Präsidium JUSO Aargau. Gesellschaftliche Veränderungen müssten stattfinden und politische Massnahmen ergriffen werden, um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken.
Die JUSO Aargau fordert deshalb vom Regierungsrat: – Die Umsetzung der bereits ratifizierten Istanbul-Konvention; – Gesetzliche Grundlagen zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt; – Die Umsetzung des in Kraft getretenen «Nein heisst Nein» - Gesetzes und den Einsatz zu dessen Verbesserung zu einer «Ja heisst Ja» - Regelung; – Die Einführung und Finanzierung von Präventions- und Schutzprogrammen für Frauen und geschlechtliche Minderheiten; – Eine bessere Finanzierung des Frauenhauses Aargau-Solothurn und einen Plan zu dessen Ausbau; – Eine kantonale wie auch der Einsatz für eine nationale Strategie gegen den sexistischen Backlash und faschistische Ideologisierung für den Schutz von marginalisierten Personen, insb. von Frauen, geschlechtlichen Minderheiten und Migrant*innen.
Um Veränderung zu erwirken, sei es nötig, auf die Strassen zu gehen, Forderungen zu stellen und Druck auf die Politik aufzubauen. Deshalb rufen die JUSO Aargau zur Teilnahme an der Feministischen Platzkundgebung des 14. Junis in Aarau auf. Das kantonale Streikkollektiv organisiert diese, sie beginnt um 13 Uhr auf dem Bahnhofsplatz. Anschliessend wird es eine gemeinsame Anreise zur 14. Juni - Demo in Zürich geben, an welcher auch die Aargauer Teilnehmenden dabei sein werden.